Archiv der Kategorie: 2014 Politik

Evangelium gegen Wildheit und Seelenverschluss

Kreuzigungsgruppe St. KatharinenPredigt am Karfreitag 2014 in St. Katharinen

In allem Lauten ist auch etwas Leises. In allem, was öffentlich zur Schau gestellt und beschrien wird,  bleibt etwas Verborgenes, das nicht dröhnt und die Sinne nicht betäubt. Wer nimmt das wahr?

Die Evangelien schildern das Leiden Jesu auf eine für unsere Sehgewohnheiten sehr ungewohnte Weise. Der Kontrast zu den Medienberichten über Gewalt- und Krisenereignissen könnte kaum größer sein.

In seiner Predigt am Karfreitag ist Pfarrer Werrner Busch dieser Spur nachgegangen. Er knüpft u.a. an Josef Haydns „Die sieben Worte unseres Erlösers am Kreuz“ an. Diese Instrumentalmusik lenkt die Aufmerksamkeit in besonderer Weise auf die letzten Worte Jesu. Das Gesprochene bleibt Ungesungen und wird umspielt und interpretiert. Damit nimmt Haydn den Stil der Evangelien auf, die nicht „die Kamera draufhalten“, sondern mehr die Spötter als den sterbenden Jesus bloß stellen.

7 Wochen ohne Reformen?

Jesaja 2x

Nicht alles ist strenge, ernste Verkündigung im Namen Gottes. Zwischendurch spricht die Privatperson. Der Mensch im Propheten ergreift das Wort und fügt etwas Eigenes in die Predigt ein.

Mit diesen knappen Erläuterungen zu Jesaja 2,22 hat Pfarrer Werner Busch am zurückliegenden Sonntag einen für ihn wohl ungewöhnlichen Predigtteil eingeleitet und eine „Erlaubnis“ aus Jesaja herausgehört. „Lasst ab von dem Menschen!“ lautet der biblische Prophetenspruch, ein tiefer Seufzer mitten in großer und ernster Prophetenpredigt. Ausgehend von diesem Satz als Motto nimmt Busch in seiner Predigt Bezug auf die Fastenaktion „7 Wochen ohne“ und macht einen Vorschlag.

Ich hätte in unserer Kirche gerne einmal „7 Wochen ohne Reformen“. Sieben Wochen ohne Struktur- und Personaldebatten. Ohne dass an dem Berufsbild der Pfarrer, Kirchenmusiker und Diakone herumgedoktert wird. 7 Wochen ohne dass ein Ausschuss, eine Synode oder sonst irgendein Gremium das Rad neu erfindet und den Kirchenvorständen und Gemeinden wieder einmal neue Hausaufgaben aufgegeben werden. Nur knappe zwei Monte –  7 Wochen ohne diese ständige Selbstüberprüfung und an jedem Schräubchen drehen, das noch nicht ganz festgerostet ist.  Nur 7 Wochen – und die Gemeinden könnten sich von manchem erholen. 7 Wochen – ohne dass Kirche und Gesellschaft bei jedem Problem schon die nächste Sintflut steigen sehen und hektisch eine neue Arche bauen lassen, „Reformen“ nennt man das ja heute. „Lasst ab von dem Menschen, er ist nur ein Hauch.“ hören wir bei Jesaja. 7 Wochen einfach nur am Sonntag als Gemeinde zusammenkommen, miteinander Gottesdienst feiern, singen, hören und beten. Anschließend noch’n Kaffee auf dem Kirchplatz und dann im Alltag als Christ leben. Nur 7 Wochen lang.

Die ganze Predigt kann man hier nachlesen oder downloaden.

Poetry & Praeching – Texte

Andy 1„Raise your voice!“ In die Stille des Anfangs rief Andy Hundacker der versammelten Gemeinde einen Weckruf zu. „Erhebe deine Stimme!“

Über 100 Menschen erlebten am zurückliegenden Sonntag einen Gottesdienst der besonderen Art. Im voll besetzten Gemeindesaal von St. Katharinen feierte die Gemeinde zusammen mit dem Poetry Slammer Andy Hundacker aus Berlin und Gemeindepfarrer Werner Busch am Braunschweiger Hegenmarkt ein Gottesdienst-Experiment. „Kunst nicht nur als Beitrag und Verzierung – Kunst vielmehr als Bestandteil und notwendiges Element im Gottesdienst – das war meine Anfangsüberlegung“, berichtet Busch vom Werden der Idee, für die er den Künstler aus Berlin gewonnen hat. „Dass die kurze Zusammenarbeit mit Andy während seines SAndy 2tudiums vor gut zwei Jahren zu einer Verbundenheit geführt hat, die uns in dieser Idee nun wieder zusammengeführt hat, ist eine besondere Erfahrung, auch für unsere Gemeinde.“

Die sensible Platzierung der von Hundacker nur zum Teil eigens für diesen Gottesdienst neu geschaffenen Texte  erzeugte neue liturgische Eindrücke und Assoziationen. Statt des normalerweise gesprochenen „Gnadenzuspruchs“ aus Epheser 2,19 erklang ein meditativ schwebender Text, der bis zur letzten Zeile verschiedene Deutungen offenhielt: man konnte ihn als moderne Paraphrase von Gottes Zusagen hören oder als Antwort und Versprechen eines Menschen an Gott. Der Texte endete mir: „Ja. Ich hab mich. Für DIch. Enrtschieden.“ Löst man ihn (wieder) aus dem Gottesdienst heraus, ist er auch als Liebeserklärung einem Du gegenüber verständlich. Diese Option schwang auch am Sonntagmorgen noch mit und ließ die zwischenmenschliche Liebe als Gleichnis für das Gottesverhältnis schillern. Glaube und Verliebten-Pathos einmal ungewohnt eng miteinander verknüpft …

Auch ein improvisiertes Zusammenspiel von Wort und Musik zwischen Andy Hundacker und dem Kantor WolfgPoetry and Preaching_1ang Bretschneider am Flügel schuf etwas Neues. Es entstand ein poetischer Wort- und Klangraum, in dem die Verlorenheit eines „Einsamen Wanderers“ präsent und einfühlbar wurde. Dass im Anschluss Fürbitte gehalten wurde, gab beiden Elementen eine neue Bedeutung.

In der Mitte des Gottesdienst standen ein poetischer Text und die Predigt, mit denen das angekündigte Motto  Poetry & Preaching eingelöst wurde. Das Gesamtthema der Gottesdienstreihe „Prophetenpredigten“ wurde dabei aufgenommen und variiert, wobei Hundacker das prophetische „Wahrsagen“ neu interpretierte: „Ich will sagen, was wahr ist, vortragen, was klar ist, weil es sonst keiner ausspricht. Ich spreche nicht Gegen, sondern Für, ich bin Für-Sprecher, gelegentlich Lannzenbrecher, ich sprecher für das, was ist und was kommt.“

In seiner Predigt über Jesaja-Texte setzte Busch mit der Beobachtung ein, dass das Jahr 2014 für Braunschweig und Umgebung ein „Wechseljahr“ sei: von Landesbischof und Oberbürgermeister über das Präsidentenamt der Landessynode bis hin zur Dompredigerstelle erlebt die Region einen beachtlichen Personalwechsel. Die Frage „Wer führt uns wohin?“ rücke auf der gesellschaftlichen Agenda weiter nach oben. „Die kritische Sicht der biblischen Propheten auf Ämter und Amtspersonen trifft zwar einen Nerv unserer Zeit“, räumt Busch im Anschluss an den Gottesdienst ein. Das prophetische Wort ziele aber nicht auf Politiker-Schelte oder Prominenten-Bashing, so der Theologe. Stattdessen agiere Gott auf seine ihm eigene Art und Weise …

Die musikalische Begleitung durch den Posaunenchor der Gemeinde und ein Lied mit Gitarre und Klavier boten auch den Versammelten abwechslungsreiche Beteiligungsmöglichhkeiten. Die Atmosphäre schien dazu angetan zu sein, nicht nur schweigend da zu sitzen. Neben einem Bravo-Ruf im Anfangsteil und Applaus während der Abkündigungen wurde augenzwinkernd, ungeniert und hörbar für alle von jemandem angemerkt: „Das Glaubensbekenntnis fehlt!“ Dazu ist abschließend folgendes zu sagen. Erstens: das ist wahr, es stand zwar im Ablauf, wurde aber übergangen. Und zweitens: darauf mache sich jeder selbst (s)einen Reim.

Die bisherigen Predigten der Predigtreihe, in denen das Jahresthema „Glaube. Macht. Politik“ immer wieder berührt wird (an der Verbesserung der Schriftdarstellung wird noch gearbeitet, ist im AUsdruck besser als auf dem Bildschirm. Sorry. Die Redaktion):

Jesaja 1 Erste Predigt am 19. Januar 2014Jesaja 1x

Jesaja 1 Zweite Predigt am 26. Januar

Amos 7 Predigt am 2. Februar 2014

Jesaja 3 Predigt am 16. Februar 2014

Poetry & Preaching mit ANdy Hundacker am 23. Februar 2013

Poetry & Preaching – ein Experiment

Andy Hundacker 3Am kommenden Sonntag,23. Februar 2014 im Gotesdienst um 10.30 Uhr werden Poetry Slammer IMG_0220Andy Hundacker und Pfarrer Werner Busch ein Gottesdienst-Experiment wagen. „Auch wenn die „Formate“ Poetry Slam und Gottesdienst eigentlich nicht zusammenpassen“, räumt Busch ein, „so stehen sich doch Künstler und Prediger im Umgang mit Wort und Sprache nahe.“

„Prophetenpredigten“ an St. Katharinen

Jesaja 1x„Prophetenpredigten“ im Gottesdienst?

Pfarrer sind keine Propheten, ist sich Werner Busch, Pastor an St. Katharinen, von vornerherein bewusst. Aber die prophetische Verkündigung der Bibel gehört auch in die christliche Predigt. An St. Katharinen ist derzeit eine Predigtreihe dazu im Gang, zumal in diesem Jahr ohnehin einige Prophetentexte in der üblichen Predigttextordnung „dran“ sind.

Der Prophet spricht in die Öffentlichkeit, und er spricht Menschengruppen an. Ein ganzes Volk steht auf seiner Adressatenliste. Es ist eine Binsenweisheit, aber sie ist nicht ganz einfach zu hören und auszuhalten: wir sind nicht allein auf der Welt. (Werner Busch in seiner Predigt über Jesaja 1)

Die Predigt im Gottesdienst von St. Katharinen am 19. Januar 2014 kann man hier nachlesen.

Übersicht „Prophetenpredigten“:

Predigt am 19.1.2014 über Jesaja 1 (Teil1)

Predigt am 26.1.2014 über Jesaja 1 (Tei 2)

Predigt am 2.2.2014 über Amos 7

 

Amos – unerträglich heilsam

dtv_AMOSPriester contra Prophet – zwei entgegengesetzte Denkweisen prallen zusammen. Zwei gegeneinanderstehende Arten zu glauben und zu leben geraten in einen offenen Konflikt. Vermittelnd und versöhnlich, eine bewahrende Institution auf der einen Seite – kritisch und progressiv, aufrüttelnde Verkündigung auf der andern. Eine Kirche, in deren Bibel auch Propheten stehen, trägt diesen Konflikt in sich und muss ihn austragen.

Am 2. Februar 2014 predigte Pfarrer Werner Busch im Gottesdienst an St. Katharinen über Amos, Kapitel 7. „Diese Predigt löst die gestellte Aufgabe noch nicht“, gibt der Prediger zu. Sie endet vielmehr erst mit einem Anfang. Lesen kann man sie hier.

Prophetenpredigten über Glaube, Gesellschaft, Politik

Ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet. (2. Petrusbrief, Kapitel 2)

Jesaja 1xSie sind keine ekstatischen Orakelkünder, sondern vielmehr Zeit- und Geschichtsdiagnostiker (gewesen): die Propheten der Bibel. Das macht sie interessant. Macht sie besonders für das Themenjahr 2014 „Reformation und Politik“ interessant.

Mit „Prophetenpredigten“ nehmen wir an St. Katharinen in Braunschweig auch dieses Jahr den thematischen Faden der Reformationsdekade wieder auf. Unter den traditionell vorgesehenen Predigttexten kommen sie in diesem Jahr ohnehin einige Male vor.

In folgenden Gottesdiensten am Braunschweiger Hagenmarkt, jeweils um 10.30 Uhr, kann man damit rechnen:

So., 26. Januar

So., 2. Februar

So., 9. Februar

So., 16. Februar,

So., 23. Februar

So., 2. März

So., 9. März

So., 16. März

So., 23. März

So., 6. April

So., 13. April

Gründonnerstag Do., 17. April (18.00 Uhr)

Karfreitag, 18. April

Ostersonntag., 20. April

Änderungen vorbehalten

Kirche und Politik – so schnell kann’s gehen

irmgard_schwaetzerEin Kommentar von Werner Busch

Die Präses des Rates der EKD, Frau Irmgard Schwaetzer, hat kurz vor Weihnachten einige Äußerungen zum neuen Jahresthema für 2014 getan. Wie auf www.ekd.de berichtet wird, wies sie den Vorwurf zurück, die evangelische Kirche kompensiere Theologie zu oft durch Politik. Allerdings, so muss der Leser der kurzen vorweihnachtlichen EKD-Mitteilung wohl denken, soll Politik auch nicht durch Theologie kompensiert werden, denn es fällt dann folgender Satz:

Wir müssen uns nicht monatelang in einer theologischen Kommission beraten, bevor wir etwas zu aktuellen politischen Fragen sagen, wie etwa zur Flüchtlings- und Asylpolitik.

Warum lassen sich Repräsentanten mit Medien- und Politikerfahrung eigentlich zu solchen Platituden hinreißen? Dass Kirche sich einmischen muss, ist richtig und auftragsgemäß. Aber: eine der höchsten Vertreterinnen des landeskirchlichen Protestantismus in Deutschland kann nicht gemeint haben, dass Beratungen, Debatten zu verkürzen sind oder vielleicht sogar überflüssig seien.

Dr. Hermann BarthDr. Hermann Barth hat sich in einem Vortrag zum Thema „Rat geben, nicht bevormunden – einige Überlegungen zur öffentlichen Verantwortung der Kirchen“ im Jahr 2006 etwas differenzierter zum Öffentlichkeitsauftrag der Kirchen geäußert. Er hat u.a. mit folgendem Satz deutlich in Richtung Umsicht und Bedächtigkeit plädieren wollen:

 

… dann werden sie auch verstärkt darauf zu achten haben, bewußt und ausdrücklich Raum zu lassen für unterschiedliche Ergebnisse der konkreten ethischen Urteilsbildung und des konkreten politischen Vorgehens. Es gibt viele politische und ethische Fragen, bei denen Christen mit guten Gründen unterschiedlicher Auffassung sein können

Für das Thema ‚Kirche und öffentlicher Auftrag‘ hatte sich Barth schon länger eingesetzt und dazu bereits im Jahr 1999 eine sehr differenzierte Sichtweise entwickelt. Er unterschied zwischen (a) priesterlicher, (b) weisheitlicher und (c) prophetischer Redeweise und machte damit deutlich, dass es verschiedene Bezugsgrößen und Adressierungen der öffentlichen Rede von Kirche geben muss. Zweifellos ist die prophetische Rede in besonderer Weise auf Politisches fokussiert. Die Schnelligkeit und Selbstverständlichkeit jedoch, die Präses Schwätzer offenbar in diesen Dingen für möglich hält, ist sicher problematisch. Auf dem Hintergrund biblischer Prophetie empfiehlt Hermann Barth jedenfalls Zurückhaltung und Vorsicht:

Darum dränge sich niemand danach, Prophet zu sein.

Der Verfasser dieses Kommentars begnügt sich seinerseits damit, herzliche Grüße an die John Waynes unter den kirchenleitend Handelnden zu senden.

Neu anfangen für Fortgeschrittene

PredigtDer zurückliegende 1. Advent  in St. Katharinen hat am Hagenmarkt nicht nur das neue Kirchenjahr eröffnet, sondern nebenbei auch schon das neue Schwerpunktthema der Reformationsdekade für 2014: „Reformation und Politik„. Ein Ausschnitt aus der Predigt von Pfarrer Werner Busch:

Europa weiß doch, was das Christentum ist. Architektur, Kunst, Gesetz und Brauchtum tragen unverkennbar christliche Spuren. Und Deutschland, das Land der Reformation? Es kennt die Traditionen des Glaubens. Gerade bereitet es sich auf das große Reformations-Jubiläum 2017 vor. Bundestag, Tourismusbranche und Kirche arbeiten Hand in Hand, wie es scheint. Wer in unserer Zeit und unserem Kulturraum Christ ist, der nimmt an einer alten und gereiften Verbindung teil. Natürlich ist die Atmosphäre zwischen Europa und Christus nicht mehr frisch und frühlingshaft. Manche meinen sogar, sie sei spätsommerlich oder gar herbstlich. Die Früchte sind abgeerntet und die Blätter fallen …

Mehr davon kann man hier nachlesen und donloaden.