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Toleranz konkret – neues Programm

Programm von Juli bis November

„Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein.“ Dieser polemische Satz benennt ein Problem, das mit Polemik nicht zu lösen ist.

Als Nebenwirkung der allseits erhobenen Toleranzforderung ist ein zunehmendes Bedürfnis nach Grenzen und Leitlinien zu verzeichnen. Das Zusammenleben gleicht oft einer „geschlossenen Gesellschaft“, da eingespielte Gewohnheiten, Ratlosigkeit und verzweigte Strukturen die Handlungsspielräume einengen. Die 10 Gebote als die klassischen No goes der christlichen Tradition sind eine kräftige Intervention, ein Eingriff in diese Befindlichkeit. Sie konfrontieren und geben zu denken, denn sie bringen Gott ins Spiel. Das Bedenken und Erproben der biblischen Beziehungs-Ethik führt schließlich zu der Frage: Ist Toleranz ohne die Option des Verzeihens überhaupt denkbar?

In einer Gottesdienstreihe an St. Katharinen und begleitenden Veranstaltungen wird unter dem Jahresthema „Reformation und Toleranz“ den Fragen nachgegangen.

 28. Juli um 10.30 Uhr                                     

„… keine Kompromisse, kein anderes Bier …“ Kein anderer Gott? Christsein zwischen anything goes und Intoleranz

Das erste Gebot.

 

4. August um 10.30 Uhr

Die Gebote der sogenannten Ersten Tafel als Formatierung des christlichen Lebens

 

11. August um 10.30 Uhr

„Du sollst nicht (alle) töten!“

Das fünfte gebot

 

18. August um 10.30 Uhr

„Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“

Das „sexte“ Gebot

 

25. August um 10.30 Uhr

„Wer ist mein Nächster?“

Über die Dreiecksbeziehung im Doppelgebot der Liebe

Gottesdienst mit Kantate, Kantorei St. Katharinen

 

5. September 19.00 bis 21.30 Uhr Akademietagung

Wo Christen nicht mehr mitkönnen.

Widerstand und Protest

Oberkirchenrat Dr. Ulrich Möller (Ev. Kirche von Westfalen)

 

8. September um 10.30 Uhr

„Sie können die Wahrheit doch gar nicht ertragen!“

Über (Lebens-) Lügen und andere Sprechakte

Mit Bläserchor St. Katharinen

 

10. September 19.00 bis 21.30 Uhr

Sieben Wege zum Unglücklichsein – die Tödsünden

Über christliche Lebenskunst

Prof. Dr. Hanna Gerl-Falkovitz, Dresden

 

15. September um 10.30 Uhr

„Das geht ja gar nicht.“

Gibt es christliche Tabus? Über Todsünden und den Tod der Sünde

 

22. September um 10.30 Uhr

„Eltern haben die Leute immer.“

Geht Gott dazwischen? Das vierte gebot und die Generationen

Gottesdienst mit der Alzheimergesellschaft Braunschweig, Bürgermeisterin Fredrike Harlfinger

Musik von J.S. Bach, A. Dvorak u.a.

 

29. September um 12.00 Uhr

Haltet den Sonntag heilig! Er tut uns gut.“

Das dritte Gebot in Aktion

Predigt: Landesbischof Prof. Dr. Friedrich Weber

Musik von J.A. Södermann, K.Nystedt u.a.; Kantorei St. Katharinen

 

6. Oktober um 10.30 Uhr Erntedankfest

„Drei, zwei, eins, meins.“

Recht auf Eigentum. Recht auf Wachstum?

Das verflixte siebte, neunte und zehnte Gebot.

 

20. Oktober um 10.30 Uhr

„Jeder nach seiner Facon“ (1)

Christsein im Spannungsfeld verschiedener Lebensentwürfe

 

27. Oktober um 10.30 Uhr

„Jeder nach seiner Facon“ (2)

Urchristlicher Pulralismus als Modell für die Kirche von heute?

Der Beitrag des Völkerapostels Paulus

 

31. Oktober um 19.30 Uhr (Reformationsfest

„Wie viel Religion verträgt die Gesellschaft?“

OKR Dr. Petra Bahr, Kulturbeauftragte der EKD, Berlin

Mit Kantate „Gott, der Herr, ist Sonne und Schild von J.S. Bach (BWV 79); Kantorei St. Katharinen und Solisten, Leitung: LKMD Claus-Eduard Hecker

 

1. bis 3. November:

„Ehrfurcht vor dem Leben“

Symposium zu Albert Schweitzer, 100 Jahre Lambarene

Detailliertes Programm folgt in Kürze

 

17. November um 10.30 Uhr (Volkstrauertag)

„Erlöse uns von dem Bösen“

Heißt tolerant sein, Unerträgliches ertragen müssen?

Vom Umgang mit dem Übel

 

18. November 19.00 bis 21.30 Uhr

Wenn Menschen (für sich selber) untragbar werden

Humanität und Intoleranz

Prof. Dr. Peter Zimmerling, Leipzig

 

20. November um 18.00 Uhr (Buß- und Bettag)

„Hoffnungsvolles Heute“

Literaturgottesdienst über Verstrickung Aufbruch, einen neuen Anfang finden

mit Kammermusik

Georg Renz (Staatstheater Braunschweig); LKMD Claus-Eduard Hecker, Ulrike Hecker, Christiane Hecker, Pfarrer Werner Busch

 

24. November um 10.30 Uhr (Ewigkeitssonttag)

Unerträglich lebensmüde oder alt und lebenssatt?

Christliche Hoffnung zwischen Todessehnsucht, Lebenswillen und Zukunftsgewissheit

Mit Kantorei St. Katharinen, Leitung: LKMD Hecker

 

Quellenangaben zu einzelnen Titeln :

28. Juli: Werbeslogan von Jever Pilsener

18. August: Songtitel von Jürgen Marcus

8. September: Zitat aus dem Film „Top Gun“

6. Oktober: Werbeslogan von eBay

Wie sollen wir leben? Toleranz konkret

Mose 1

Einstimmung auf die Zehn Gebote

„Wie sollen wir leben?“ Dass diese Frage  durch die Jahrtausende hindurch immer neu gestellt wird, bis heute, zeigt: richtiges Handeln und das gute Leben verstehen sich nicht von selbst. Die Frage ist nicht selbstverständlich, war es vielleicht noch nie. Sie bereitet Mühe. Dennoch liegt sie in der Luft. Sie erfordert einen offenen Geist und die Fähigkeit, sich zu verändern.

Haben wir überhaupt eine freie Wahl, so zu leben wie wir es für richtig und gut halten? Die Frage müsste vielleicht präziser so gestellt werden: Wie können wir denn leben? Vieles ist für den Einzelnen schon vorentschieden. Unsere komplexe Gesellschaft funktioniert durch viele Mechanismen und Vernetzungen; wir leben in Zusammenhängen, die wir selber nicht erschaffen haben und oftmals kaum durchschauen. Ethisch zu leben, ist eine besondere Herausforderung. Wie sollen – und können – wir  miteinander leben?

Die 10 Gebote enthalten keine einfachen Antworten auf die gestellte Frage. Sie sind mit ihrem „Du sollst“ starke Signalworte, sie sind konfrontativ und geben zu denken. Sie geben zu denken, weil sich mit ihnen Gott selber ins Spiel bringt: „Ich bin  .. dein ….“. Was kann das bedeuten? Mit den klassischen 10 Worten (Dekalog) tritt ER In die durch Ratlosigkeit und eingespielte Gewohnheiten ‚geschlossene Gesellschaft‘ ein. Energisch stellt ER sich zwischen uns: „nicht töten“, „nicht stehlen“, „nicht begehren“ usw.

„Sich im Denken orientieren“ (Immanuel Kant) und „aus dem Glauben leben“ (Paulus) sind in evangelischer Tradition kein Gegensatz. Es bedeutet: das zwischenmenschliche Zusammenleben als ein Zusammenleben mit Gott neu denken und gestalten. Christus hat das selber gelebt und gelehrt, hat zusammengebracht, was zusammengehört: Gott und Mensch, Mensch und Mitmensch. Wir werden in den Wochen ab Ende Juli der Frage nachgehen, wie man sich in dieser Konstellation zurechtfindet.

Ich lade Sie, liebe Leserin und lieber Leser, herzlich ein, in den Gottesdiensten und Veranstaltungen mit zu bedenken und zu erproben, wie unser Leben ein Leben mit Gott und ein Leben als Mitmensch werden kann. Herzliche Grüße Ihr Werner Busch

Der erste Gottesdienst dieser Reihe: Sonntag, 28. Juli 2013 um 10.30 Uhr in der Katharinenkirche am Braunschweiger Hagenmarkt: „Keine Kompromisse, kein anderes Bier …“ Kein anderer Gott? Christsein zwischen anything goes und religiöser Intoleranz Quelle der Überschrift: Werbung Jever Pilsener

Bild dieses Beitrags: Mose mit den Gebotstafeln (Epitaph für Jürgen von der Schulenburg und seine Frau Lucia an der Westseite im südlichen Kirchenschaff der Katharinenkirche)

Nathan-Inszenierung am Hagenmarkt

image001Die kleine Theatergemeinde, die sich in zufälliger und bunter Zusammensetzung am Sonntagnachmittag (2. Juni 2013) in der Braunschweiger Katharinenkirche eingefunden hatte, ging mit etwas über 30 Personen in der gotischen Hallenkirche beinahe verloren. Am Schluss der Nathan-Inszenierung des Ensembles Theatrum war das Publikum dennoch völlig begeistert.

Zu den Besonderheiten der Inszenierung zählt zweifellos die Verbindung von Text und Musik. Geschickt in den Handlungs- und Dialogverlauf eingefügte musikalische Elemente bewirken, dass die Figuren des Lessingschen Stücks an ihre jeweilige Kultur sinnenfällig zurückgebunden erscheinen, denn die Musiken stammen aus Judentum, Christentum und Islam. Nicht nur in virtueller Reflexion, sondern mit ihrem konkreten kulturellen Ausdruck stehen die Figuren einander gegenüber. Die drei Weltreligionen begegnen sich hier also nicht allein verbal und intellektuell, sondern auch emotional und sinnenfällig.

Die vier ausdrucksstarken und klaren Singstimmen und der Einsatz besonderer Musikinstrumente  (Böhmische Wanderharfe; Persische Santur = traditionelles Saiteninstrument mit ca. 70 Saitern) geben der Iimage005nszenierung einen unverwechselbaren Charakter, der bei den Zuschauern noch lange nachwirkt. Nur am Rande, aber dennoch wichtig: Die akustische Problematik, vor die eine gotische Hallenkirche das Sprechen und Musizieren immer stellt, wird mit geeigneter und einwandfrei ausgesteuerter Tontechnik gut bewältigt. Bei voll besetztem Kirchenschiff wäre es iim hinteren Drittel dennoch etwas schwierig geworden. Wäre …

Die geschickte und nie langweilige Auswahl der verschiedenen z.T. kurzen Musiken aus Judentum, Christentum und Islam haben verschiedene Funktionen:  streckenweise unterlegen sie den Dramentext  mit Stimmungen und öffnen zusätzliche Assoziationsräume; danebimage007en sind sie auch als Szeneneröffnung, manchmal auch wie eine „Blende“  oder -Unterbrechung eingefügt. Insgesamt lässt diese Verknüpfung von Musik und Text einen sensiblen Umgang mit dem Wortlaut des dramatischen Gedichtes erkennen.

Die – nicht durchgängige – Doppelbesetzung des Nathan mit einer männlichen und einer weiblichen Person, die gleichzeitig miteinander auftreten, ist ein gewagter Griff in die dramaturgische Trickkiste. Einige Male bieten beide Sprecher – gleichgewandet – einige Passagen auch gleichzeitig wie ein reduzierter Sprech-Chor dar, was allerdings mehr irritiert als dass es eine wirkliche Hörhilfe ist. Wenn sie jedoch – wie in der Ringparabel sehr eindrucksvoll gelungen – im Wechsel sprechen und sich die Nathan-Rolle gewissermaßen aufteilen, kommen durch die unterschiedlich gefärbten Subtexte sehr wertvolle Nuanimage006cen zum Vorschein. Dadurch wird eine reflexive Spannung in den Text hineingesprochen; eine oszillierende Nachdenklichkeit wird plastisch und einsehbar gemacht. Ein einzelner Sprecher könnte das in einem einzigen Sprechfluss ohne dramatische Verrenkung wohl kaum realisieren.

 

Die Aufführung beginnt mit einem unvermittelten, kontrollierten Clash: der persische Schauspieler Vahid Shahidifar im orientalischen Gewand lässt mit dem kurz gesungenen „Allahu akbar“ den muslimischen Gebetsruf im christlichen Gotteshaus erschallen. Die im weiteren Verlauf des Stücks eingestreuten arabischen Redeanteile – nur einmal ist es etwas zu lang geraten – haben zwar etwas Folkloristisches an sich, erzeugen aber Stimmungen und setzen beim tourismusgeschädigten Zuschauer durchaus brauchbare Assoziationen frei. Man fühlt sich dadurch schon in eine andere Kultur versetzt, ohne es wirklich zu sein – es lebe die Illusion …

An einer Stelle zitiert Nathan, ohne dass nichtkundige Zuschauer das verstehen können, die ersten Verse des alttestamentlichen Schöpfungsberichtes von 1. Mose 1,1-2 in hebräischer Sprache. Er steht dabei im Bühnenbild vor dem brennenden Dornbusch, dem Ort der Gottesoffenbarung. Ist es Absicht, dass gerade ein Exilstext, der auch in der heidnischen Fremde die Schöpfungstaten des Gottes Israels preisen und in ihnen eine mehr als nur provisorische Beheimatung erlebt? Ein tiefsinniger Kniff, diesen Text in das Jerusalem der Kreuzritter und „Muselmanen“ zu setzen. Wenn hierin ein Lösungsansatz versteckt sein sollte, der die interreligiösen Verwicklungen und Krisen mit einem Bezug auf das Elementare / Menschliche zu lösen versucht, wäre das durchaus im Sinne Lessings gedacht und auch eine ausdruckssake theologische Pointe. Allein der nicht hebräisch sprechende Zuschauer wird sie jedoch nicht bemerken …

Es ergibt sich eine im Bühnenbild wohltuend reduzierte, sowohl den Altar als auch die Kirchenfenster hinter sich völlig verbergende Inszenierimage003ung. Dennoch hat die Darbietung ein atmosphärisches Volumen, das den Zuschauer einzuhüllen vermag. Ein etwas merkwürdiges und wohl mit dieser Konzeption auch beabsichtigtes Gefühl begleitet diese Inszenierung wie ein mitlaufender Reflexionshintergrund: eine solche Aufführung ist im Kirchenraum mehr als nur ungewohnt, sie wirkt fremd. Wie in leiser, kaum störender Tinitus begleitet dieses Gefühl das Erlebnis. Man kann es ignorieren. Und tatsächlich: andernorts haben Pfarrer bzw. Kirchengemeinden eine Aufführung im Kirchenraum nicht gestattet, das Ensemble ist dann in Schulen oder Turnhallen „ausgewichen“. Man sollte diese Reaktionen nicht einfach überspringen oder als engstirnig abtun, denn sie weisen auf ein ernst zu nehmendes und nicht leicht zu beantwortendes Problem hin: Können Religionen einander von innen heraus und in ihrem Kern nah sein? Wer seines Glaubens froh und gewiss ist, wird zwar keine Berührungsängste haben, aber diese Frage dennoch nicht so schnell bejahen wollen, wie sie gestellt ist. Dass die Hohenerxlebener dieser Frage eine annehmbare Form gegeben haben, ist sicher ein Verdienst.

Mit dem noch nicht kitschigen aber doch als große und gerade noch erträgliche Harmonie inszenierten Schluss, in dem verschiedener Chorusse aus den drei Religionen kanonhaft ineinanderklingen, ist das inhaltliche Ziel und die Botschaft dieser Inszenierung erreicht. Dieser Schluss bleibt aber hinter den sachlich begründeten Spannungen, hinter den durch Text und Musik gegenwärtig gemachten interreligiösen Befremdlichkeiten zurück, die in dieser Inszenierung zwar nicht besonders krass herausgestrichen werden aber dennoch gut erkennbar in ihr enthalten sind.

Insgesamt: eine sehenswerte Inszenierung, die zum Nachdenken und Weiterdenken anregt.

Christen und Juden

Der Ratsvorsitzende der EKD Nikolaus Schneider soll mit dem Leo – Baeck – Preis des Zentralrates der Juden ausgezeichet werden. Die Verleihung des mit 10.000,- dotierten Preises ist für den 21. November 2013 vorgesehen. Schneider, der Nikolaus Schneiderdamit für seine anhaltendes Engagement in der christlich-jüdischen Aussöhnung geehrt wird, hatte bereits im zurückliegenden Jahr 2012 mit der Buber-Rosenzweig-Medaille des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit bedacht worden.

Landesrabbiner zu Gast an St. Katharinen

Landesrabbiner Jonah Sievers wird am kommenden Dienstag, 18. Juni 2013 um 20 Uhr im Gemeindehaus von St. Katharinen zu einem Vortrags- und Diskussionsabend erwartet. Für den Gemeindepfarrer Werner Busch ist dieser Abend ein Höhepunkt der Veranstaltungsreihe „Gott und Toleranz“, die nun seit einigen Wochen am Hagenmarkt verschiedene Akzente gesetzt hat, zuletzt eine Aufführung von Lessings „Nathan der Weise“.

Der jüdische Gelehrte Jonah Sievers ist über sein GemeinderabbinJonah_Sieversat in der Jüdischen Gemeinde Braunschweig hinaus als Landesrabbiner für Niedersachsen tätig und Mitglied  der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschlands (ARK), einem liberalen, progressiven Zusammenschluss von Rabbinern unter dem Dach des Zentralrates der Juden.

Der interreligiöse Dialog ist für Sievers eine unverzichtbare Aufgabe seines Rabbinates und wird auch in seinem Vortrag zum Thema „Gottesfrage und Toleranz im jüdischen Glauben“ bedacht werden. Denn in der Gottesfrage sind Judentum und Christentum einander einerseits nah und doch auch in wesentlichen Fragen unterschieden. Der Abend wird in Kooperation mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit ausgerichtet und ist öffentlich, Eintritt frei.

Ziemlich große Koalition für’s Jubiläum

LUTHER_CDShortsFür eine bisher einmalige „gremiale Zusammenarbeit“ ist im protestantischen Raum ein gemeinsamer Leitungskreis für das Reformationsjubiläum 2017 gegründet wurden. Schon auf dem Kirchentag im Mai dieses Jahres wurde angekündigt,dass EKD und DEKT für 2017 und darüber hinaus zusammenarbeit wollen.

Diese große Koalition ist wirklich beeindruckend:  EKD, einige Landeskirchen (nicht alle) , Deutscher Evangelischer Kirchentag, Lutherstadt Wittenberg, Wittenbergstiftung, Gemeinschaft Europäischer Kirchen (GEK), Lutherischer Weltbund, ACK und weitere Vertreter von Freikirchen. Eine solche breit angelegte Koordinationsstruktur für die verschiedenen Akteure ist sehr begrüßenswert und erfreulich. Dass auch die europäische Perspektive einbezogen wird, ebenfalls. Immerhin: die Gruppe in ihrer verhältnismäßig bunten Zusammensetzung heißt „Leitungskreis der EKD und des Kirchentages“ und ist mit dieser Anbindung angetreten.

Es gibt allerdings etwas Grund zum Stirnrunzeln: Einige Mitglieder der Runde sind höchste Amtsträger in evangelischen Landeskirchen und tauchen hier mit einem ihrer Neben- bzw. Ehrenämter auf. Vertreten sie auch primär die damit benannte Perspektive oder letztlich doch nur die Sichtweise ihres bischöflichen oder präsidialen Hauptamtes? Man hat sich hoffentlich nicht einfach nur die Ämterkumulation zunutze macht, um möglichst viele Institutionen als beteiligt bezeichnen zu dürfen; gewiss hat es über die Einbeziehung dieser Einrichtungen entsprechende vorbereitende Diskussionen, Kriterien und Beschlüsse in den zuständigen Gremien gegeben …

Man kann nur wünschen, dass dieser breite kooperative Ansatz auch als Chance für die theologische Arbeit in Sachen Reformationsjubiäum und ihrer Vermittlung genutzt wird. Es wäre toll, wenn dadurch auch die inhaltlichen Aspekte eine starke und mehrstimmige Repräsentanz erhielten, und wenn durch den innerprotestantischen Pluralismus auch ein gewisses Korrekturpotential wirksam wird, aber mehr noch: dass dadurch die ganze Sache Aufwind bekommt und eben nicht auf die wenigen bisher öffentlich wahrnehmbaren Akteure begrenzt bleibt.

P.S.: Dass ausgerechnet die VELKD nicht ausdrücklich vertreten ist, muss man mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen. Ebenso fehlt eine eindeutige Reformierte Institution. Kommt vielleicht noch …

Sonntag, 2. Juni 2013: Gottesdienst und Nathan

Der Sonntag beginnt mit einem besonderen musikalischen Gottesdienst um 10.30 Uhr: Mit W. A. Mozarts „Missa Brevis“ bringen Kantorei und Kammerorchester an St. Katharinen unter der Leitung von Landeskirchenmusikdirektor Claus-Eduard Hecker schöne Musik in den Gottesdienst. Das Thema der Predigt von Pfarrer Werner Busch zu 2. Mose 19: „erhaben, fremd, autoritär – Gott in seinem Element?“

Nathan.KlosterbAm Nachmittag um 17.30 Uhr kommt „Nathan der Weise“ in die Kirche. Die Schauspielgruppe Ensemble Theatrum vom Schloss Hohenerxleben bringt eine eigens für Kirchenräume konzipierte Fassung des Dramas zur Aufführung. Eintritt: 13,- € und ermäßigt 10,- €.

 

 

 

 

 

Ins Kerngehäuse der Toleranz

 

Nathan_ZeitungMai2013Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zu diesem Vortragsabend über ein Thema, das in verschiedener Hinsicht sehr aktuell ist. Wird doch „Nathan der Weise“ von einem prominenten Schauspiel-Ensemble aus der „sogenannten Hauptstadt“ in die „sogenannte Provinz“, man könnte mit noch mehr Recht sagen: nach Hause gebracht. Aber das ist nicht der Grund, wenn auch eine sehr schöne und höchst willkommene Vermehrung der Anlässe für diesen Abend.

Im Rahmen des Themenjahres der Evangelsichen Kirche für 2013 hat sich der bundesdeutsche Protestantismus weniger einer Jahreszahl als vielmehr einer sehr aktuellen Frage gewidmet: der Toleranz. Unter dem Stern dieses Themas sind wir hier an St. Katharinen nun schon seit einigen Wochen unterwegs, um einer der nicht wenigen Kernfragen zur Toleranz nachzugehen. Wir dringen sozusagen in das Kerngehäuse ein und bleiben nicht nur bei äußerlichen Forderungen stehen. Zumal der Toleranzbegriff ja auch schon ziemlich abgekaut aussieht, aber doch den Keim für das Zusammenleben im Zeitalter von Globalisierung und Clash of Cultures in sich trägt, oder zumindest tragen sollte.

Die Gottesfrage ist sicher einer dieser möglichen Kerne oder Keime, die in der Toleranzdebatte nicht erst seit kurzem virulent sind. Es ist durchaus umstritten, ob aus dem Gottesglauben wirklich etwas Gutes und Lebensienliches erwächst. Schon Arthur Schopenhauer sagte: „In der That ist Intoleranz nur dem Monotheismus wesentlich.“ Das ist ein steiler Vorwurf, dem sich der christliche Glaube – und nicht allein er – ausgesetzt sieht. Ein solcher Vorwurf sollte Kirche, Christenmenschen und alle Freunde der Religion dazu veranlassen, die Frage nach Gott auf’s neue zu stellen.

Dass diese Frage längst nicht nur von Theologen zu stellen geschweige denn von ihnen gepachtet worden ist, machte der Beinahe-Theologe Gotthold Ephraim Lessing in seinem Nathan und anderen Schriften deutlich. Auch die Referentenwahl für diesen Abend spricht es aus. Die Gottesfrage gehört nicht allein der Kirche und ihren sogenannten Geistlichen. Sie ist vielmehr Allgemeingut, auch wenn sie wohl nie in allgemeiner Abstraktheit zu beantworten sein wird.

Ich begrüße Herrn Dr. Helmut Berthold, Geschäftsführer der Lessing-Akademie in Wolfenbüttel. Und ich danke Ihnen, lieber Herr Berthold, dass Sie diesen Termin für uns möglich gemacht und trotz eines regelmäßig über die Ufer tretenden Aufgabenstroms für uns frei gehalten haben.

Meine Damen und Herren, der Selbstaussage unseres Referenten, dass er ein langweiliger Mensch sei, wird man kaum zustimmen mögen. Dieses selbstironische Understatement lässt eine gewisse Affinität, vielleicht sogar eine entfernte Seelenverwandtschaft mit demjenigen erahnen, dessen Werk Herr Berthold seit 1999 seine berufliche Arbeit widmet. Die Mischung aus ernster Nachenklichkeit und kritischer Analyse mit feinem und zuweilen spitzem Humor war ja durchaus auch ein Zug des großen Aufklärers, dessen Stücke oft als Vermischung von Tragödie und Komödie gerieten …

Aus der Einführung und Begrüßung ,die W. Busch am Beginn des Vortragsabends am 28. Mai 2013 um 20.00 Uhr im Gemeindessal St. Katharinen hielt. Thema des Abends: „Wem eignet Gott?“ Dr. ´Hemut Berthold, Geschäftsführer der Lessing-Akademie e.V. Wolfenbüttel.

Titelbild dieses Beitrags: Auszug aus der Braunschweiger Zeitung vom 28.5.2013.

Dr. Helmut Berthold über Nathan der Weise

Ob er wirklich ein langweiliger Mensch ist, wie er selber von sich behauptet, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Als gebürtigen Wolfsburger hat ihn seine schulische Laufbahn und das Studium zwar noch ganz in seiner (braunschweigischen) Heimatregion gehalten. Sein zweites Staatsexamen hat ihn bereits nach Hamburg geführt, und danach arbeitete er als Lektor in Nancy (Frankreich). Seine Promotion über Gottfried Benns Frankreich ist 1999 unter dem Titel „DIe Lilien und den Wein“ erschienen. Im selben Jahr ist er Geschäftsführer der Lessing Akademie e.V. in Wolfenbüttel geworden.

Auch seine Mitarbeit an der Jubiläumsausgabe von Moses Mendelssohn zeigt, dass er in seinen literarischen Forschungen gerne den Blick über den Tellerrand pflegt, Die interdisziplnäre Kombination seiner Studienfächer Germanistik und Philosophie lässt das ja auch schon ahnen. Weitere Publikationen über Gotthold Ephraim Lessing, Rainer Maria Rilke, Gottfried Benn, Paul Celan u.a.

Helmut Berthold ist verheiratet, hat zwei Kinder und wohnt in Braunschweig. Neben seinem Interesse für Musik gibt er sich gelegentlich dem Fußball hin, wie die allermeisten von uns: als begeisterter Zuschauer vor dem Fernseher.

Am Dienstag, 28. Mai 2013 um 20.00 Uhr wird er einen Vortrag im Gemeindehaus von St. Katharinen halten. Thema: „Wem eignet Gott?“ Über einige Fragen in Nathan der Weise.

Der Eintritt ist frei.

Gott als „Kriegsmann“ und „Arzt“

Dass die Bibel einige gewalttätige und kriegerische Texte beheimatet, ist bekannt. Die daran anknüpfende kritische Frage nach dem Gottesbild und Glaubensverständnis wird am kommenden Sonntag Thema des Gottesdienstes um 10.30 Uhr in der Katharinenkirche am Hagenmarkt sein.

Musikalische Akzente wird das Bläser-Quintett der Jugendmusikschule Braunschweig setzen, das mit Preisträgern von „Jugend musiziert“ besetzt ist. Die Predigt als Teil der Predigtreihe zum Jahresthema „Toleranz“ trägt den Titel: „parteiisch, verletzend, heilend? Gott als Kriegsmann und Arzt“.

Predigttext: Ausschnitte aus 2. Mose 15.