Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zu diesem Vortragsabend über ein Thema, das in verschiedener Hinsicht sehr aktuell ist. Wird doch „Nathan der Weise“ von einem prominenten Schauspiel-Ensemble aus der „sogenannten Hauptstadt“ in die „sogenannte Provinz“, man könnte mit noch mehr Recht sagen: nach Hause gebracht. Aber das ist nicht der Grund, wenn auch eine sehr schöne und höchst willkommene Vermehrung der Anlässe für diesen Abend.
Im Rahmen des Themenjahres der Evangelsichen Kirche für 2013 hat sich der bundesdeutsche Protestantismus weniger einer Jahreszahl als vielmehr einer sehr aktuellen Frage gewidmet: der Toleranz. Unter dem Stern dieses Themas sind wir hier an St. Katharinen nun schon seit einigen Wochen unterwegs, um einer der nicht wenigen Kernfragen zur Toleranz nachzugehen. Wir dringen sozusagen in das Kerngehäuse ein und bleiben nicht nur bei äußerlichen Forderungen stehen. Zumal der Toleranzbegriff ja auch schon ziemlich abgekaut aussieht, aber doch den Keim für das Zusammenleben im Zeitalter von Globalisierung und Clash of Cultures in sich trägt, oder zumindest tragen sollte.
Die Gottesfrage ist sicher einer dieser möglichen Kerne oder Keime, die in der Toleranzdebatte nicht erst seit kurzem virulent sind. Es ist durchaus umstritten, ob aus dem Gottesglauben wirklich etwas Gutes und Lebensienliches erwächst. Schon Arthur Schopenhauer sagte: „In der That ist Intoleranz nur dem Monotheismus wesentlich.“ Das ist ein steiler Vorwurf, dem sich der christliche Glaube – und nicht allein er – ausgesetzt sieht. Ein solcher Vorwurf sollte Kirche, Christenmenschen und alle Freunde der Religion dazu veranlassen, die Frage nach Gott auf’s neue zu stellen.
Dass diese Frage längst nicht nur von Theologen zu stellen geschweige denn von ihnen gepachtet worden ist, machte der Beinahe-Theologe Gotthold Ephraim Lessing in seinem Nathan und anderen Schriften deutlich. Auch die Referentenwahl für diesen Abend spricht es aus. Die Gottesfrage gehört nicht allein der Kirche und ihren sogenannten Geistlichen. Sie ist vielmehr Allgemeingut, auch wenn sie wohl nie in allgemeiner Abstraktheit zu beantworten sein wird.
Ich begrüße Herrn Dr. Helmut Berthold, Geschäftsführer der Lessing-Akademie in Wolfenbüttel. Und ich danke Ihnen, lieber Herr Berthold, dass Sie diesen Termin für uns möglich gemacht und trotz eines regelmäßig über die Ufer tretenden Aufgabenstroms für uns frei gehalten haben.
Meine Damen und Herren, der Selbstaussage unseres Referenten, dass er ein langweiliger Mensch sei, wird man kaum zustimmen mögen. Dieses selbstironische Understatement lässt eine gewisse Affinität, vielleicht sogar eine entfernte Seelenverwandtschaft mit demjenigen erahnen, dessen Werk Herr Berthold seit 1999 seine berufliche Arbeit widmet. Die Mischung aus ernster Nachenklichkeit und kritischer Analyse mit feinem und zuweilen spitzem Humor war ja durchaus auch ein Zug des großen Aufklärers, dessen Stücke oft als Vermischung von Tragödie und Komödie gerieten …
Aus der Einführung und Begrüßung ,die W. Busch am Beginn des Vortragsabends am 28. Mai 2013 um 20.00 Uhr im Gemeindessal St. Katharinen hielt. Thema des Abends: „Wem eignet Gott?“ Dr. ´Hemut Berthold, Geschäftsführer der Lessing-Akademie e.V. Wolfenbüttel.
Titelbild dieses Beitrags: Auszug aus der Braunschweiger Zeitung vom 28.5.2013.