Schon 2006 hat es einen mutigen Vorstoß des damaligen Leitenden Bischofs der VELKD Bischof Johannes Friedrich gegeben: in ganz Deutschland solle bis 2017 der Reformationstag ein gesetzlicher Feiertag geworden sein. Argument: Deutschland ist „Mutterland der Reformation“. Für einen einmaligen Feiertag im Jahr 2017 gibt es inzwischen eine breite Diskussion und verschiedene Initiativen in mehreren Bundesländern. Bei einem Fachgespräch im Bundestag hat der CDU-Abgeordnete Michael Kretschmer geäußert, dass der 500. Jahrestag der Reformation die Möglichkeit berge, „unsere geschichtlichen Wurzeln mit neuem Leben zu versorgen“.
Trifft folgende deutende Lesart zu?
Ein noch unvollständiger Versuch, zu verstehen: Die Reformationsdekade und das große Jubiläum werden von kirchlicher Seite als Chance begriffen, dem Protestantismus wieder (oder noch?) mehr Aufmerksamkeit und gesellschaftliches Gewicht zu geben. Mit einem eigenen Feiertag kann man auch eigene Themen platzieren. Luther und die Reformation sind ein „Ereignis von Weltrang„. Die Reformation wird als einer der großen kulturprägenden Beiträge der deutschen Geschichte zur Weltgesellschaft verstanden. Bei aller zeitbedingten Begrenzung und ohne die problematischen Seiten der Akteure zu verharmlosen, kann das sicher mit einigem Recht für Bildung und Freiheitsverständnis beansprucht werden.
Die Lutherstätten in der bundesdeutschen Provinz beherbergen und kultivieren die Erinnerung an große Ereignisse und Ideen. Das ist immer noch eine schöne Story. Die Argumente tragen unverkennbares Lokalkolorit und der Sprachgebrauch transportiert einen Hauch von Patriotismus gleich mit: Deutschland wird selbstbewusst als Mutterland der Reformation bezeichnet und damit werden politische Forderungen (Feiertag) begründet.
Dass in der Diskussion derzeit fast nur an einen einmaligen Feiertag gedacht wird, ist eine sympatische und sicherlich in mehrfacher Hinsicht kluge Begrenzung des Anliegens und lässt noch Raum zur Prüfung der Implikationen.