Schlagwort-Archive: Staat und Kirche

Rheinland-Pfalz 2017

Schon bald nach Einführung der Reformationsdekade im Jahr 2008 hat es in Rheinland-Pfalz auf politischer Ebene Initiativen gegeben hat, um die tourismuspolitische Bedeutung des großen Jubiläumsjahres rechtzeitig in den Blick zu nehmen. Der Landetagsabgeordnete Thomas Günther hatte sich hierzu mehrfach zu Wort gemeldet. Immerhin ist mit der Stadt Worms eine geradezu archetypische Szene lutherischen Selbstverständnisses verbunden, sodass für ein solches Ansinnen auch ein sehr prominenter Anknüpfungspunkt gegeben ist: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“ (Luthers Weigerung zu widerrufen auf dem Reichstag zu Worms 1521)

Auf ihrem jüngsten Treffen mit Vertretern evangelischer Kirchen hat die Landesregierung jetzt angekündigt, eine Anregung umzusetzen und den 31. Oktober 2017 zu einem einmaligen Feiertag zu erklären.

Wie eng Politik und Kirche hier beieinander sind und mit welcher schon ins Feierlich-Grundsätzliche gehenden Wortwahl diese Nähe dokumentiert wird, ist durchaus bemerkenswert: „Die Reformationsdekade werde […] als ein gemeinsames Projekt von Staat und Kirche, von Bund, Ländern und Kommunen verstanden, in ökumenischer und internationaler Offenheit“, heißt es auf der Homepage von Rheinland Pfalz.

Gesetzlicher Feiertag zum Reformationsjubiläum?

„In Norddeutschland mehren sich die Stimmen der Regierungschefs für einen gesetzlichen Feiertag zum 500. Reformationsjubiläum am 31. Oktober 2017. Nach Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) stellte sich auch Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) hinter diesen Vorschlag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).“ (epd vom 6.12.2012)

Hoffentlich bleiben die niedersächsischen Landeskirchen nicht wort- und tatenlos daneben stehen. Sollte der Reformationstag über den besonderen einmaligen Anlass im Jahr 2017 hinaus wieder zum regelmäßigen Feiertag werden, ist ein kluger und konstruktiver Umgang vonseiten der Kirchen damit nur wünschenswert. Wir sollten nicht allzu selbstverständlich wieder zur normalen Gottesdiensttradition zurückkehren. Zweifellos gehört das Element der Verkündigung zum Kernbestand protestantischer Identität und sollte von einem solchen Tag selbstverständlich nicht verbannt werden. Der z.T. engagierte und kreative Umgang mit dem besonderen Werktag in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten hat aber auch andere, interessante Formate hervorgebracht und schon kleine Traditionen begründet, die durchaus weiterentwickelt werden sollten.

Ein regelmäßiger Gedenktag zur Reformation dürfte gern dialogischer, informativer und vielfältiger sein, als die klassische Gottesdienstliturgie es zunächst nahelegt. Immerhin gäbe ein solcher Feiertag doch die Chance, ein zentrales Thema evangelischen Kirche- und Christseins wieder stärker in den gesellschaftlichen Diskurs einzuspielen. Der theologische Kern und die historisch damit auch verbundenen Ambivalenzen sollten dabei differenziert und pointiert in den Blick genommen werden. Das Anliegen der Reformation sollte auch nicht auf allgemeine ethische Prinzipien verkürzt werden (einen Tag der Menschenrechte gibt es ja schon: jährlich am 10. Dezember). Mut zur Theologie, Mut  zur öffentlichen (und für Dialogpartner offenen) selbstkritischen Überprüfung der Grundlagen und Konsequenzen dessen, was wir als Kirche in unserer Zeit sind und sein wollen.

Kirche muss sich in die Karten sehen lassen und ihre noch im Gang befindlichen internen Debatten in den öffentlichen Raum stellen. Sie kämpft ja nur mit einer Spielart derselben Probleme wie die anderen gesellschaftlichen Kräfte auch. Ihr Proprium ist dabei nicht eine fertige Botschaft, die sie nur wieder neu verpackt zu präsentieren hätte. Unser Proprium ist eine besondere Art und Richtung, nach Wegen und Antworten zu suchen. Dass wir öffentlich dazu einladen, diese besondere Suchbewegung zu beobachten oder an ihr mitzuwirken, darin liegt eine Chance gerade des Reformationstages.

 

Pressmitteilung der EKD: http://www.ekd.de/aktuell_presse/85654.html