Hier: Predigt von Pfarrer Werner Busch zum Volkstrauertag 2014 in St. Katharinen
„Erinnerungsarbeit ist schwer“. In seiner Predigt zum Volkstrauertag ging Katharinenpfarrer Werner Busch auf eher informelle Gedenkweisen ein, die gewissermaßen unterhalb des öffentlichen Radars stattfinden. „Volkstrauertags-Gedenken ist auch eine Sache der Familien, und da wird man merken: es gibt mehr Fragen als Antworten.“ Deshalb sei, so Busch, an den Küchentischen darüber oft mehr geschwiegen als offen geredet worden. „Auch eine Kirchengemeinde hat ihre Vorgeschichten und Erinnerungen an jene schicksalsträchtigen Kriegsjahre.“ Busch berichtet in seiner Predigt vom Gemeindepfarrer Martin Bücking, dem „Redner vom Schlossplatz“. Als nationalkonservativer Gemeiondepfarrer am Hagenmarkt war er zugleich Herausgeber der umfangreichen Heftsammlung „Die Braunschweiger im Weltkriege“. So hat er das Kriegsgedenken in Braunschweig maßgeblich mitgeprägte. Auch an Katharinenpastor Johannes Schlott wird erinnert, der als Gauleiter der Deutschen Christen eine hervorgehobene Rolle in der nationalsozialistischen Zeit gespielt hat.
Während im AOK-Gebäude knapp 300 m von hier entfernt junge Männer von den Nazis grausam zu Tode gefoltert und irgendwo bei Königslutter be-graben wurden, hielt Katharinenpastor Schlott auf dem evangelischen Hauptfriedhof feierliche Trauerreden für SS-Leute.
Wie soll die Kirchengemeinde St. Katharinen mit dieser Vorgeschichte am Volkstrauertag das Gedenken praktizieren?
Wir beklagen die Qualen und den Tod all jener, für die von hier aus sich niemand öffentlich eingesetzt hat. Wir können nur stellvertretend für unsere Vorfahren tun, was sie selbst öffentlich nicht taten: um Vergebung bitten und rufen: Herr, erbarme dich.
Und gleichzeitig:
Wir verurteilen die Menschen nicht, die vor uns schuldig wurden und auf deren Schultern wir doch stehen müssen. Denn wir wissen, dass Gott barmherzig ist. Und dass durch Christus ein Vergeben gekommen ist. Wir wissen: Das Böse wird nicht überwunden durch unerbittliches Urteilen. Das Böse wird nicht überwunden durch politisch korrektes Abkanzeln und Niedermachen. Auch nicht durch kaltes Distanzieren von den fragwürdigen Vorfahren und Vorgängern. Das Böse wird überwunden durch Stellvertretung, durch Verzeihen, „allein durch Gnade“. Wir wünschen den Menschen im Nahen Osten, dass diese Erfahrung dort irgendwann, Gott gebe: möglichst bald, eine Chance bekommt.