Die Begrüßungsrede von Pfarrer Werner Busch für den Rabbiner Dr. Gábor Lengyel am Auftaktabend (28. Januar 2014) einer Veranstaltungsreihe über „Jüdisches Leben“. Die Rede enthält auch einige Angaben zur Biographie des Rabbiners.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie herzlich hier im Gemeindesaal von St. Katharinen zu diesem ersten Abend einer Vortragsreihe über das Jüdische Leben. Dass Kirche und Synagoge im verbindlichen Kontakt sind, dass Juden und Christen miteinander sprechen, über gemeinsame und trennende Traditionen miteinander nachdenken und um ein tieferes Verständnis ringen, ist Gott sei Dank seit einigen Jahrzehnten eine gut gepflegte Gewohnheit. Dennoch muss man sagen: es besteht nach wie vor Nachholbedarf im Kennenlernen und im Verstehenlernen. Die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit hat diese notwendige und nach der Geschichte des 20. Jahrhunderts schmerzvolle und wichtige Aufgabe zu ihrer Aufgabe gemacht. Zusammen mit unserer Kirchengemeinde und unter Begleitung der Evangelischen Erwachsenenbildung in Niedersachsen verantwortet sie diese Vortragsreihe. Ich bin sehr dankbar für diese Initiative, und im Namen des KV darf ich sagen: wir freuen uns, dass diese gemeinsam getragene Veranstaltung hier in unserem Gemeindesaal stattfinden kann.
Herr Graumann von der Gesellschaft hat Kontakt aufgenommen zum Referenten der 5 Vortragsabende und ist als Brückenbauer tätig geworden. Herzlichen Dank dafür.
Nun begrüße ich hier in unserer Mitte Herr Rabbiner Dr. Gárbor Lengyel. Seien Sie herzlich willkommen hier am Braunschweiger Hagenmarkt, hier in St. Katharinen. Ich darf vielleicht einige Worte über Sie sagen und Sie der Hörerschaft vorstellen, bevor ich noch ein paar persönliche Worte spreche.
Herr Dr. Lengyel ist 1941 in Budapest geboren. Mütterlicher- und väterlicherseits ist seine Familie tief im Judentum verwurzelt. Durch die Führungsposition seines Vaters im Verband jüdischer Gemeinden hat er schon früh aus nächster Nähe die Wurzeln seiner Väter kennengelernt. Das Schicksal des jüdischen Volkes in jenen furchtbaren und dunklen Jahren hat die Familie Lengyel mitbetroffen. Seine Mutter ist 1945 auf dem Weg vom Konzetrationslager Ravensbrück nach Burgau ermordet worden. Nach seiner Schullaufbahn in Budapest ist Herr Dr. Lengyel nach Israel ausgewandert nach der Fachoberschule in der Elektro-optischen Industrie gearbeitet.
Es ist schon beeindruckend nach der Geschichte seines Volkes und dem Familienschicksal, dass Herr Lengyel 20 Jahre nach dem Tod seiner Mutter nach Deutschland gekommen ist, nach Braunschweig. Hier hat er seinen Diplom-Ingenieur gemacht, und was für unser Thema noch bedeutsamer ist: er war ca 15 Jahre Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Braunschweig und Mitglied im Vorstand der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Sein Lebensweg und seine Arbeit für gegenseitige Verständigung und Zusammenarbeit haben ihm höchste niedersächsische Ehrungen eingebracht. Den Kontakt in die Heimat nach Budapest hat Herr Dr. Lengyel nie verloren, was man an der von ihm betriebenen Gründung eines Fördervereins für die Unterstützung jüdischer Schulen in Budapest vor etwas mehr als 12 Jahren erkennen kann.
In Budapest hat Herr Lengyel auch ein vierjähriges Rabbinerstudium aufgenommen zu einem Zeitpunkt in seinem Leben, wo andere sich auf den Ruhestand vorbereiten oder ihn sogar schon antreten können. Im Abraham-Geiger Kolleg in Berlin setzen sich die Studien um weitere drei fort und bald folgte eine Promotion in Budapest. Seit bald 2 Jahren hat Herr Dr. Lengyel einen Lehrauftrag an der Leibniz-Universität in Hannover am Institut für Theologie und Religionswissenschaft.Ich freue mich, dass wir mit Ihnen, sehr geehrter Herr Rabbiner Dr. Lenyel einen durch Erfahrung und Studium und Engagment ausgewiesenen Kenner dessen zu Gast haben, was das Thema dieser Veranstaltungsreihe ist: des „jüdischen Lebens“. Ich freue mich für meine Kirchengemeinde, dass wir Sie bei uns zu Gast haben können. Ich freue mich, wenn ich das einmal so sagen, auch für mich selbst. Einen ersten unmittelbaren Kontakt zu Menschen jüdischen Glaubens hatte ich in Köln während meines Vikariates, also eigentlich relativ spät in meinem Leben. Ein latentes Interesse am Judentum ist jedoch schon als Kind durch eine Radiosendung geweckt worden; die innigen Gesänge im Synagogengottesdienst haben mich berührt. Aber zu einigen Begegnungen mit Juden und auch mit Rabbiner der Kölner Jüdischen Gemeinde kam es erst in Köln, in der Roonstraße, als ich im zweiten Teil meiner Pfarrerausbildung war. Weitere Begegnungen ließen auf sich warten, erst im zurückliegenden Jahr hatten wir den Landesrabbiner Herrn Jonah Sievers hier zu einem Vortrag zu Gast. Dass wir nun einige Abende über das Jüdische Leben vor uns haben, ist für mich ein Geschenk und eine besondere Gelegenheit, und ich danke Ihnen, sehr geehrter Herr Rabbiner Dr. Lengyel, dass wir diesen Weg hier mit Ihnen gehen können.
Nun räume ich das Pult und überlasse Ihnen gerne das Wort.